Zur Hauptnavigation springenZum Hauptinhalt springen

ECT

RWE verklagt die Niederlande wegen des Kohleausstiegs

Februar 2021

Vor einem internationalen Schiedsgericht verklagt RWE die Niederlande. Entschädigungen in Milliardenhöhe will der Konzern, weil er in den Niederlanden zwei Kohlekraftwerke betreibt und das Land bis 2030 aus der Kohle aussteigen will. Grundlage der Klage ist der Energiecharta-Vertrag. Dieser Vertrag ermöglicht es Unternehmen, Staaten vor intransparenten Schiedsgerichten zu verklagen, wenn sie aufgrund von nationaler Gesetzgebung Einbußen bei Investitionen fürchten.
Auf der einen Seite wirbt RWE damit, "Treiber der Energiewende" zu sein, andererseits wird mit der Klage versucht, wirkungsvolle Maßnamen zur Bekämpfung der Klimakrise abzuwürgen. Dass einer der größten CO2-Emmittenten Europas einen Staat verklagt, der die Klimakrise wirksam bekämpft, zeigt, dass der Konzern möglichst lange an der Kohle festhalten will und aktiv gegen Klimaschutzmaßnahmen vorgeht.
Deutschland hält RWE weiter an einem Braunkohleausstieg im Jahr 2038 fest. Die damit verbundene Abbaggerung weiterer Dörfer im Rheinland widerspricht der in der Öffentlichkeit präsentierten Unternehmensstrategie, die angeblich im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens sein soll.

Angst vor Schiedsgerichten verhindert Klimaschutz

Der Energiecharta-Vertrag (ECT) ist ein internationales Abkommen, das 1994 abgeschlossen wurde. Der Vertrag gestattet Energieunternehmen, Staaten vor privaten Schiedsgerichten über Milliarden von Dollar zu verklagen. Kein anderes internationales Handels- oder Investitionsabkommen der Welt hat mehr Investorenklagen ausgelöst als der Energiecharta-Vertrag. Die beiden Klagen des Energiekonzerns Vattenfall gegen die Bundesrepublik Deutschland berufen sich auf den Energiecharta-Vertrag. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Schiedsgerichtsverfahren stark zugenommen und dieser Trend wird sich vermutlich fortsetzen. Über 46 Milliarden Euro haben Investoren bereits bei verschiedenen Staaten erstritten.

Große Öl-, Gas- und Kohleunternehmen können mit dem ECT Regierungen davon abbringen, sauberer Energie Priorität einzuräumen. Sie nutzen die Charta, um Verbote von Erdölbohrungen, die Ablehnung von Pipelines, Steuern auf fossile Brennstoffe und Entscheidungen für den Kohleausstieg anzufechten und enorme Entschädigungssummen zu erklagen. Zum Beispiel droht der deutsche Investor Uniper gegen das niederländische Gesetz zum Kohleausstieg zu klagen. Die niederländische Regierung möchte gerne schnellstmöglich aus der Kohle aussteigen, doch demokratische Entscheidungen werden von Firmen wie Uniper untergraben. In vielen Ländern werden aus Furcht vor Entschädigungszahlungen energiepolitische Entscheidungen von Politikern auf die lange Bank geschoben oder verwässert.

Zwar wird über eine Modernisierung des Vertrages zur Zeit verhandelt, vor allem mit dem Ziel, die einseitigen Klagebefugnisse der Investoren für fossile Brennstoffe und Kernenergie zu beenden. Wie anders ist das Klimaziel 2050 noch zu erreichen und das Pariser Klimaabkommen umzusetzen? Doch ist kaum zu erwarten, dass das Recht auf unbegrenzte Entschädigung vor Schiedsgerichten zu beenden ist, da eine Änderung des Vertrages die Einstimmigkeit der 57 Unterzeichnerstaaten erfordert. Mehrere Mitgliedsstaaten haben aber kein Interesse an einer Änderung oder lehnen diese ab, weil sie auf den Export fossilier Brennstoffe angewiesen sind.

Die Politik hat sich mit dem ECT selbst Fesseln angelegt. Politische Weichenstellungen werden so riskant, teuer oder fallen ganz aus. Aus Angst vor Klagen versprechen die Politiker viel zu viel Geld für die Stilllegung von Kohlemeilern, damit diese nicht klagen.

Klagen verlangsamen und blockieren den Klimaschutz.
Findet eine Firma neue Klimaschutzgesetze unfair, kann sie Staaten auf Schadensersatz verklagen, aber nicht vor einem ordentlichen Gericht, sondern bei einem Schiedsgericht (Paralleljustiz). Drei Schiedsrichter entscheiden hinter verschlossenen Türen. Die Entscheidungen fallen oft zugusten der Konzerne.
offener Brief an die Politik